Der erste offizielle Tag unseres Besuches bei CENFROCAFE war vollgepackt mit Terminen. Um kurz vor 09:00 kamen José Luiz (Gerente Finacero) und Enrique (Gerente Comercial) zu unserem Hotel, um uns abzuholen. In der Centro de Acopio (Kaffee-Einkauf Zentrale) wo auch die Büros der Kooperative sind, war ein Treffen mit dem Verwaltungsteam geplant.
Es fing mit einer Präsentation von José Luiz zur aktuellen finanziellen Lage der Kooperative an. Um zu verstehen, warum diese Präsentation gleich zu Beginn unseres Treffens gemacht wurde, müssen wir auf das Jahr 2022 zurückblicken:
Zu Beginn jeder Saison (in Peru ist das im Mai) brauchen die Kooperativen Geld, um den Kaffee von den Produzent*innen zu kaufen. Die Ernte dauert dann von Mais bis August. Kaffeekirschen reifen je nach Lage und Wetter unterschiedlich schnell. In den höheren Lagen reifen sie zum Beispiel langsamer, selbst auf der selben Parzelle gibt es frühere und spätere Ernten.
Auch die Verträge mit den Importeuren werden vereinbaren die Kooperativen zu Beginn der Saison, denn nur mit diesen Verträgen bekommen sie Kredite von den Banken, für den Ankauf des Kaffees. 2022 waren die Kreditgeber in Peru sehr vorsichtig und skeptisch, was zur Folge hatte, dass viele Kooperativen nur wenige oder gar keine Kredite bekamen. Dazu kam noch ein hoher Kaffeepreis an der Börse in den Erntemonaten. Die Folge war, dass viele Produzent*innen ihren Kaffee an lokale Käufer verkauften. Die Kooperativen bekamen also weniger Kaffee als erwartet. Im Oktober, als die Zeit der Exporte losging, stürzte der Börsenpreis plötzlich ab. Viele Verträge mit den Exporteuren waren auf den Börsenpreis beim Export fixiert. Die Kooperativen hatten also den Kaffee teuer eingekauft und mussten ihn nun billig verkaufen. Am Ende der Saison blieben einige Verträge unerfüllt und viele Kooperativen hatten Schulden bei den Kreditgebern. Glücklicherweise war 2023 dann ein besseres Jahr, dennoch hat es viel Arbeit und Mühe gekostet, die Krise des Vorjahres zu überwinden.
Javier Cahuapaza hatte die Position des Gerente General bei CENFROCAFE und damit diese große Herausforderung übernommen. Er hatte bis dahin bereits 21 Jahre Erfahrungen mit der Verwaltung von Kooperativen gesammelt und war in der Lage die Schuldentilgung zu verhandeln und Strategien zu entwickeln, um die Kreditgeber zu überzeugen, wieder mehr zu finanzieren. Auch die Loyalität der Produzent*innen zur Kooperative spielte eine große Rolle. Viele brachten Kaffee bei der Kooperative ein, obwohl sie erst 30 bis 90 Tage das Geld dafür bekamen. Ohne das Engagement und den Zusammenhalt der Produzent*innen wäre die Wende nicht möglich gewesen.
Nun hat die Ernte 2024 begonnen und die Prognosen sehen besser aus als in den letzten Jahren. Es ist nicht alles gut, aber die kritische Phase scheint überwunden zu sein. Für 140 der 200 Container, die CENFROCAFE 2024 exportieren wird, gibt es bereits Verträge, was ein starkes Signal an die Kreditgeber ist. Dennoch sind die Kreditgeber weiterhin zurückhaltend, d.h. auch diese Saison wird die Loyalität der Produzent*innen wieder ein wichtiger Faktor sein. Wenn mehr Käufer vorfinanzieren würden, wären die Kooperative nicht in dieser schwierigen Situation.
CENFROCAFE hat daneben noch vier weitere mögliche Einkommensquellen:
Das Fazit ist also, dass die letzten beiden Jahre sehr herausfordernd waren, es aber nun Stück für Stück bergauf geht. Das Vertrauen der Kreditgeber steigt langsam wieder an und die Hoffnungen auf eine gute Saison 2024 sind groß.
Nach der Präsentation von José Luiz besprachen wir noch eine ganze Reihe weiterer Themen, wie die Verschiffungstermine, die 2025 in Kraft tretende Bio-Verordnung und die ebenfalls kommende EU-Entwaldungsverordnung (EUDR). Insgesamt dauerte das Gespräch 2,5 Stunden.
Anschließend machten wir noch eine Röstereiführung. Derzeit haben sie eine 25kg-Röstmaschine, das zukünftige Ziel sind drei Maschinen mit 100kg Fassungsvermögen. 2024 werden sie hier in der
Rösterei 120 Tonnen Kaffee rösten (zum Vergleich: wir bei Quijote planen 2024 160 Tonnen).
Zum Mittagessen gab es Meerschweinchen zu essen, was sehr gewöhnungsbedürftig war! Am Nachmittag besuchten wir die Verarbeitungsanlage der Kooperative – sie ist riesig. Dort können bis zu 500.000
Säcke pro Jahr verarbeitet werden. Derzeit sind sie Dienstleister für 14 Kunden, in Zukunft soll auch hier das Geschäft noch ausgeweitet werden. Auch an einem Cupping nahmen wir noch Teil mit
sehr erfreulichen Ergebnissen.
Nach einem sehr langen, aber auch sehr produktiven Tag waren wir um 19 Uhr wieder im Hotel. Am nächsten Tag sollte es schon um 7 Uhr losgehen Produzent*innen-Besuch in Santo Domingo de la Capilla.