"Sich zurückziehen heißt nicht davonlaufen, und den Kopf hoch zu tragen ist nicht Klugheit."
Miguel de Cervantes-Saavedra
Die Arbeit von Quijote Kaffee basiert auf den Werten Ehrlichkeit, Menschlichkeit, Gleichheit und Transparenz.
Unsere Kriterien für den Kaffee sind dabei:
Im Laufe des Jahres 2013 hatte sich für uns leider eine Entwicklung gezeigt, die die weitere Zusammenarbeit mit unserem bisher mengenmäßig wichtigsten Partner zur Zerreißprobe hatte werden lassen:
Nur wenige Tage vor Steffis Abreise nach Brasilien, hat uns Marcos Croce von der Fazenda Ambiental Fortaleza, der Gründer und Koordiniator des Projektes "bob-o-link", mitgeteilt, dass sich sowohl
das Projekt "bob-o-link" als auch daraufhin viele beteiligte Farmer von der Idee des biologischen Anbaus abgewendet hätten. Aktuell gibt es nur die FAF und eine weitere Farm die organic
zertifiziert ist, alle Anderen arbeiten wie sie es gerade für richtig halten. Grund dafür ist angeblich die nachweisliche Unwirtschaftlichkeit und das Fehlen des entsprechenden Absatzmarktes.
Dadurch wird z.B. auch der praktizierte Gebrauch von dem Monsanto Produkt "Roundup" (Breitbandherbizid) und weiteren chemischen Mitteln gerechtfertigt, was wir nicht gutheißen. Diese Entwicklung
traf uns sehr überraschend, obwohl wir mit dem Projekt in ständigem Kontakt stehen und bisher auch in die Kommunikation und Aufrichtigkeit vertraut haben.
Darüberhinaus kann für die aktuelle Ernte die Anzahl der am Projekt teilnehmenden Farmer, nicht genannt werden. Laut der Familie Croce ist es unmöglich aktuell (August 2013) eine konkrete Zahl
der beteiligten Farmer zu nennen. "Es geht nicht um Beziehungen, sondern um Tassenqualität". Die Zahl der am Projekt beteiligten Farmer kann daher 20, 30 oder 50 betragen. Auch diese Aussage traf
uns knallhart und ohne Vorwarnung.
Steffi und die anderen Mitreisenden mußten sich plötzlich fragen. wo denn noch der Unterschied zu den großen Exporteuren ist?
Im Detail hat die Familie Croce diese Entwicklung damit begründet, dass sich ökologischer Kaffee in Brasilien in mittelständischen und kleinbäuerlichen Strukturen nicht ökonomisch sinnvoll
anbauen lässt, da die Kosten hierfür zu hoch seien und der Staat nicht ausreichend subventioniert. Es wird nun der alleinige Schwerpunkt des Projektes "bob-o-link" auf die Scores der jeweiligen
Tasse gelegt. Sie argumentieren, dass durch den konventionellen Anbau inklusive Nutzung von Pestiziden und chemischen Düngern das Risiko für die Farmer gemindert wird, die Erträge gesteigert
werden und letztendlich mehr Geld verdient wird. Der ökologische Anbau sei damit zwar nicht komplett verworfen, aber verschoben. Die Theorie sieht jetzt Folgendes vor: erst genügend Geld
verdienen und dann irgendwann wenn man es sich leisten kann ökologisch anbauen. Dies ist für uns aus Produzentensicht selbstverständlich eine nachvollziehbare Argumentation, trifft uns aber
leider völlig unvorbereitet. Dass das Wirtschaftssystem Kapitalismus in dem wir momentan leben, sich seine Wirtschaftssubjekte erzieht bzw. sich schafft war uns natürlich auch vorher klar. Aber
dies ist nicht der Weg den wir als Quijote Kaffee unterstützen möchten, geschweige denn unserer Auffasssung von wünschenwertem Handeln entspricht.
Erschreckend ist für uns, dass wir uns bei allen unseren Reisen nach Brasilien bisher immer von der Ernsthaftigkeit der "nature friendly" Absichten überzeugt haben. Immer wieder wurde betont,
dass konsequenter Naturschutz und der Verzicht auf giftige Hilfsmittel (Pestizide ect.) zu den obersten Geboten von "bob-o-link" gehören würde. Die gesamte Außendarstellung des Projektes
"bob-o-link" suggerierte uns dazu, dass hier konsequent rücksichtsvoll gearbeitet wurde. Die diesbezüglichen Zitate von "bob-o-link" Produzenten die wir bekommen haben füllen Seiten, unzählige
Videos und nach wie vor auch die Detailseiten der Selbstdarstellung des Projektes "bob-o-link" auf der eigenen
Homepage.
Darüberhinaus gibt es nun keine festen Farmen im Projekt "bob-o-link" mehr, es wird nur noch gemeinsam vermarktet, was qualitativ ins Konzept passt. Dies ist auch eine deutliche Abkehr von der
Netzwerk-Idee hin zum klassischen Kaffeeexporteur, nur halt mit einer anderen Darstellung nach außen hin. Dies widerspricht unserer Meinung nach deutlich dem Ansatz der Langfristigkeit eines
Projektes und der gemeinsamen Entwicklung.
Wir sind als Quijote Kaffee Kollektiv davon überzeugt, dass der Erfolg des Projektes "bob-o-link" in den letzten Jahren vorallem auf der für Brasilien einmaligen Kombination von
Tassenqualität, in kooperativer Struktur vernetzter Bauern und ökologisch rücksichtsvolle Produktion basierte.
Wir selber haben diese Argumente für den bob-o-link Kaffee ja auch häufig genug selber vorgebracht.
Wir selber haben uns durch unser Konzept der Direktimport Kaffeerösterei in eine sehr starke Abhängigkeit zum Kaffee von "bob-o-link" begeben, da wir uns der Sache bis zu Steffis Reise sehr
sicher waren. Wir haben von Anfang an fest an das Projekt bob-o-link geglaubt und haben es daher auch von Beginn an mit allen Kräften unterstützt. Sehr schade, und in vielen Fällen sicherlich
ähnlich katastrophal wie für uns ist es, dass mittlerweile mehr als 20 Röstereien in Deutschland (40 in Europa)" bob-o-link" Kaffee benutzen. Wir gehen davon aus, dass die meisten Kollegen sich
wie wir vorallem für das Gesamtpaket "bob-o-link" entschieden haben und nicht nur aufgrund der Tassenqualität.
Leider hat sich auf Steffis Reise nun aber kein Anlass zur Hoffnung ergeben. Die meisten Produzenten scheinen tatsächlich der Meinung zu sein, dass biologischer Kaffeeanbau nun keine ökonomische
Zukunft für Bauern in Brasilien bietet. Diese Entscheidung müssen wir als Quijote Kaffee Kollektiv respektieren, können aber unsere Zusammenarbeit nicht mehr fortführen.
Wir schätzen die Arbeit der an dem Projekt "bob-o-link" bisher beteiligten Kaffeeproduzenten sehr. Viele von Ihnen sind uns und insbesondere Steffi bei ihren Aufenthalten persönlich sehr ans Herz
gewachsen. Die Arbeit dieser Farmer ist nicht hoch genug einzuschätzen und wir sind uns der Schwierigkeiten der Produktion hochwertiger landwirtschaftlicher Produkte in Ländern wie Brasilien
durchaus bewusst. Die Arbeit als Kaffeebauer, das ist uns allen klar, ist absolut kein Zuckerschlecken und erfordert enorme Anstrengungen. Jeder, der schon einmal insbesondere während der Ernte
auf Kaffeefarmen dabei war, weiß dies: Arbeit bis zur völligen Erschöpfung, kaputte Hände von der Fruchtsäure der Kirschen, alles tut weh und trotzdem muss es weitergehen.
Die hervorragende qualitative Entwicklung des Kaffees von unserem ersten Import 2010 bis zur Ernte 2012 zeigte uns, welche Mühe sich die Produzenten gaben und welche Fortschritte mit gemeinsamen
Anstrengungen möglich sind. Umso trauriger sind wir über die aktuelle Entwicklung und das sehr aktive Eintreten von der Familie Croce für eine Abkehr der bisher propagierten Praxis.
Sowohl die Art und Weise der Kommunikation als auch die Strukturen die zu dieser Entwicklung geführt haben, befremden uns sehr und stehen in krassem Widerspruch zu der Praxis und den
Entwicklungen bei den Kooperativen mit denen wir z.B. in Ecuador, Honduras und Guatemala zusammenarbeiten.
Unser Kollektiv hat sich daher einstimmig dafür ausgesprochen, keinen Kaffee mehr vom Projekt " bob-o-link" zu importieren. Unser Vertrauen in die Ernsthaftigkeit der Aussagen der Beteiligten und
der Art und Weise der Entscheidungsfindung bei "bob-o-link" sind stark erschüttert. Die von uns geforderte Transparenz und Verlässlichkeit der Aussagen will oder kann unserer Meinung nach von der
Familie Croce nicht mal mehr ansatzweise erbracht werden.
Wir selber stehen nun in einer wirklich schwierigen Situation. Um weiterhin Kaffee für unsere Kunden rösten zu können, müssen wir nun improvisieren.
Dazu haben wir folgende Pläne:
Seit langem stehen wir in Kontakt mit Farmen außerhalb des Projektes "bob-o-link", die hochwertige biozertifizierte Kaffees produzieren. Leider sind diese Farmen im Gegensatz zu "bob-o-link" aber
nicht Teil einer demokratischen netzwerkartigen Struktur. Daher werden wir mit diesen Kaffees (wir bekommen die nächsten Tage Muster von verschiedenen Farmen) nur eine Lücke überbrücken, bis wir
auch Alternativen mit Perspektive gefunden haben. Alternative und tatsächlich auch sehr demokratische Kooperativen in Brasilien mit denen wir ebenfalls in Kontakt stehen, erfüllen bisher dagegen
noch nicht unsere Qualitätsanforderungen und der Weg mit ihnen wird noch Jahre dauern.
Am hoffnungsvollsten schauen wir im Moment nach Honduras. Unser dortiger Partner, die Kooperative COMSA, erarbeitet nun seit zwei Jahren gemeinsam mit uns Kaffeeprofile (mit trockener
Aufbereitung), die wie die brasilianischem Kaffees als Basis für die von uns gesuchten Espressoattribute "Süsse, Körper, Schokolade, weiches Mundgefühl" sorgen könnten.
Schon für die kommende Ernte im Winter 2013/2014 haben wir die Lieferung von mindestens einem Container mit der COMSA vereinbart.
Ebenso haben wir dieses Jahr auch in Ecuador bei der Kooperative ACRIM mit der Entwicklung von Natural-Processings begonnen. Das verarbeitungstechnische Know-How der ACRIM ist beeindruckend, auch
hier gibt es Grund auf schnelle gute Ergebnisse zu hoffen.
Wir möchten uns bei Euch (das gilt insbesondere natürlich für Kollegen, die sich auf unser Schwärmen hin ebenfalls für den "bob-o-link" entschieden haben) für die nun anbrechenden "spannenden"
Zeiten entschuldigen. Wir müssen uns selber fragen, wieso wir nicht schneller an die Informationen bezüglich der neuen Entwicklungen bei "bob-o-link" gelangt sind. Eine Reise pro Jahr und nahezu
wöchentliche E-mails und Telefonate haben jedenfalls nicht geholfen. Sicher haben wir auch vor allem die Dinge gesehen, die wir auch sehen wollten, aber es gab keinerlei konkrete Anhaltspunkte
für uns, an der Wahrhaftigkeit unseres Partners zu zweifeln. All dies offenbart uns eine große Schwäche des Konzeptes des von uns praktizierten direkten Handels: es basiert auf dem Vertrauen und
der Ehrlichkeit der Partner. Und in diesem Fall sind wir definitiv zu naiv an die Kooperation herangegangen. Für uns ist es ganz klar, dass wir nun nur noch bio-zertifizierte Kaffees von wirklich
demokratischen Strukturen wie z.B. echten Kooperativen einkaufen werden. Wir als Kaffeeröster können nicht 365 Tage pro Jahr und 24 Stunden am Tag in unseren Ursprungsländern anwesend sein. In
Brasilien wurde unser Vertrauen massiv missbraucht.
Zusätzlich zu all dem kam es auch noch mit Marcos Croce zu einer unschönen Begebenheit. Nachdem er sich zum Ende der Reise mit unserer Steffi in den geschlossenen Innenhof des neuen Labors in Sao
Paulo begeben hatte, brüllte er sie minutenlang cholerisch und persönlich beleidigend an. Dass er sich neben dem geschäftlichen Fehlverhalten auch noch menschlich solche Entgleisungen leistet,
vereinfachte unsere Entscheidung ungemein.
Wir hoffen sehr, dass Ihr, liebe Kunden und Partner, uns auch weiterhin die Treue haltet, auch wenn es sicherlich zu einigen Änderungen in unserem Sortiment und bei einigen Espresso-Blends kommen
wird. Unsere aktuellen Tests mit den Naturals von COMSA geben uns allerdings Grund zur Annahme, dass sich unser Kaffee durch diese Umstellungen nochmals verbessern wird.
Insgesamt haben wir in den letzten Tagen sehr viel gelernt, obwohl uns ein anderer Ausgang natürlich mehr gefreut hätte.
Wir denken, dass wir als Quijote Kaffee Kollektiv unseren Idealen treu bleiben und aus dieser Krise gestärkt hervorgehen.
Liebe Grüße,
Steffi, pingo, Tolga und Andi