Morgens kümmerten wir uns in Zumba zunächst um das Zumba Ritual. Um 7 Uhr gingen wir zum Frühstück in die kleine Markthalle. Dort stürzten sich wie immer sofort die 5 Betreiberinnen der fünf Essens- und Saftstände auf uns. Das ist lustig. Sie wuseln um uns herum und sprechen alle auf einmal und preisen ihre Säfte und Speisen an. Nett ist es für mich erkannt zu werden, sie wissen bei mir tatsächlich noch, was ich trinke in Zumba. Orangen-Möhren-Saft. Dazu gab es für mich zwei frittierte Käse-Empanadas.
Um 8 Uhr trafen wir uns in der Verarbeitungsanlage der ACRIM wieder mit Vicente, Willan und Victor Hugo auf einen Kaffee und ein kurzes Fazit. Und schon ging es mit Vicente weiter, wieder zurück nach Norden in die Region der Basisgruppe Playa de la Pircas. Auf dem Weg liegt die Finca eines Produzenten, der neben Kaffee mittlerweile auch viel Kakao anbaut. Hier machten wir einen kurzen Stopp, besuchten die Finca und pflückten reife Maracujas und verschiedene Zitrusfrüchte von den Büschen und Bäumen. Maracujas direkt vom Baum sind sehr gut. Es gab für uns auch eigene heiße Schokolade (selbst geröstet und gewalzt auf der eigenen Finca) und eine Tortilla aus Kochbananenteig mit Hühnchen aus dem Garten.
Das mit dem Kakao ist interessant für uns, da wir eventuell nächstes Jahr gemeinsam mit Avenir als Test ein paar Tonnen Kakao von hier importieren möchten.
In Playa de las Pircas angekommen, trafen wir uns wie letztes Mal in der Kirche die hier als Versammlungssaal für das Dorf dient. Wir tauschten uns mit 10 Produzent*innen der Basisgruppe aus
und besprachen die durch das schwierige letzte Jahr (siehe mein Bericht von gestern) entstandenen Herausforderungen sowie weitere Dinge. Ein besonderes Problem ist für mehrere der
Basisgruppen der APECAP das hier ausgebrochene Goldfieber. Die Gegend ist von Flüssen in den tiefen Andentälern durchzogen. Und diese sind voller Gold. Durch neue kleine mechanische Maschinen
ist es nun für jeden Menschen möglich, ins Tal zu steigen, sich ins Wasser zu stellen und Gold zu waschen. Dabei wird immerhin kein Quecksilber eingesetzt (wie in den hier überall auch
existierenden größeren illegalen Schürfstellen), es kommt aber trotzdem zu weitreichenden Zerstörungen der Natur. Und die Menschen finden tatsächlich recht viel Gold. Auf jeden Fall verdienen
sie damit mehr als mit Arbeit in der Landwirtschaft. Und somit kehren sie der Landwirtschaft den Rücken. Sowohl ihren eigenen Feldern (wenn sie welche haben), als auch ihrer Arbeit als
Tagelöhner in der Erntezeit. Also ist es noch schwieriger geworden, Erntehelfer*innen zu finden. Und es ist sehr viel schwieriger geworden, junge Leute für ein Leben als Kaffeefarmer*in zu
begeistern. Die langfristige Zukunft für den Kaffeeanbau hier ist auch dadurch sehr infrage gestellt.
Weiter ging es für uns zur Finca „Los Gemelos“ von José Mayo, mittlerweile sowas wie ein Freund von mir. Mit weiteren Produzent*innen der Gruppe saßen wir zusammen, aßen leckeres Obst und wieder ein wenig Hühnchen aus dem Garten mit geröstetem Maismehl und Reis. Dazu gab es einen Schluck selbstgebrannten Guayusa Schnaps. Wir sprachen wieder ausführlich über die Notwendigkeit der Verbesserung des Gemeinschaftsgefühls in der Genossenschaft um solche Jahre wie 2022 zu überstehen. Dass viel Vertrauen verloren gegangen ist bei Ethiquable und bei uns sowie den Röstereien, die über uns Kaffee von hier importieren. Besonders positiv hervorzuheben ist dabei, das dürfen wir nicht vergessen, dass die Verträge mit uns ja tatsächlich zu 100 % erfüllt wurden. Das spricht sehr stark für unseren Status als Kunde. Niemand außer uns hat in ganz Ecuador seine Verträge erfüllt bekommen in 2022. So wurde auch in dieser Versammlung betont, wie gut und wichtig Quijote ist. Mit hohen Garantiepreisen und vor allem mit der zinslosen Vorfinanzierung. Betont wurde auch, dass sie sich auf uns immer verlassen konnten und sich daher gezwungen fühlen, sich uns auch immer zuverlässig und verlässlich verhalten zu wollen.
Wie bereits im letzten Jahr geschrieben, ist all dies eine wundervolle und schöne Bestätigung unserer Mühen und unseres Modelles von Quijote Kaffee. Das fühlt sich gut an und lässt die Strapazen, die wir auf uns nehmen, um hierher zu reisen, ein wenig verblassen. Und es zeigt, wie wichtig es ist, tatsächlich sehr regelmäßig persönlich vor Ort zu sein. Nur so ist es möglich, ein Verhältnis des Vertrauens und der gegenseitigen Wertschätzung zu schaffen. Nach unserer fast dreijährigen Nicht-Anwesenheit während der Pandemie ist da einiges verloren gegangen. Dies haben wir nun wieder gefunden mit unserem zweiten Besuch binnen 9 Monaten.
Weiter ging es an meine Lieblingsbadestelle hier in den Anden am Gebirgs-Fluss Pircas. Er entspringt ein paar Kilometer entfernt mitten im Schutzgebiet, welches von der Familie Mayo und zwei Nachbarinnen mit mehreren tausend Hektar erhalten wird. Oberhalb der Badestelle ist tatsächlich nur Wald, viele Quadratkilometer, meist Primärwald. So sieht das Wasser des Flusses hier auch aus. Keine Goldgräber, keine Rodungen, keine Viehhaltung. Ein echtes Paradies im Anden-Dschungel. Wir nahmen ein kurzes, bei den hier aktuell herrschenden 30 Grad Celsius sehr erfrischendes Bad.
Es kam die Idee auf, ob wir uns nicht hier am Schutz der Natur konkret beteiligen wollen, indem wir eventuell auch Land des Schutzgebieten aufkaufen. Vielleicht als Initiative von Quijote und Avenir mit der Öffnung für eine Beteiligung für unsere Freundinnen und Kundinnen. Wenn das Gebiet nicht geschützt wird, würde es früher oder später abgeholzt werden. Das wäre nicht nur für das Klima schlecht. Die Vielfalt der im Schutzgebiet lebenden Flora und Fauna (inklusive Jocotoco, Bären und Brüllaffen) zeigt, um was für einen wichtigen Raum es sich handelt.
Weiter ging es nach Palanda zur APECAP. Geschäftführer Camillo, Präsident Harvey und Verkoster Edwin sowie 4 Kolleginnen aus der Verwaltung sowie mehrere Produzentinnen erwarteten uns. Es gab wieder eine Versammlung mit der Besprechung der aktuellen Situation und der 2022er Probleme (auch hier hatten wir die volle Menge bekommen, als einziger Käufer). In Palanda sind weniger die Goldgräber das Problem, als vielmehr die Konkurrenz durch Aufkäufer. Der internationale Kaffeehändler Caravela hat hier eine Station installiert und versucht die besten Produzent*innen aus der Genossenschaft herauszulösen. Dies sorgte in den letzten Jahren bereits für viel Ärger und Missgunst, es ging viel um Solidarität und Zusammengehörigkeit. Dieses Jahr kann Caravela glücklicherwiese wieder nicht mehr wirklich mehr bieten als die Genossenschaften und es ist wieder mehr Produzent*innen klar geworden, was für Vorteile die Genossenschaft bietet.
Davon bietet insbesondere die APECAP recht viel: U.a. Biodünger aus der eigenen Herstellung für weniger als die Hälfte des Marktpreises, Geräte und Maschinen zu Großhandelspreisen, Bio-Pflanzenschutz aus eigener Herstellung für die Hälfte des Marktpreises, Setzlinge aller hier verfügbaren Kaffeesorten zu Großhandelspreisen, Saatgut aus eigener Zucht (Geisha, Sidra, F1 und viel mehr), Biozertifizierung für 50,- Dollar statt über 2000,- Dollar für individuelle Zertifizierung und hohe garantierte Mindestpreise.
Wir machten ein paar Flaschen Bier auf und grillten alle möglichen Dinge und aßen viel Obst und Gemüse. Der Abend wurde trotz vieler toller Gespräche und Austausch nicht lang. Der Tag war schon sehr voll und wir von der Reise sehr erschöpft.