Mittlerweile pendelt sich mein Schlafrhythmus gut ein und ich wache immer gegen 5h auf. Genug Zeit also, um den
Sonnenaufgang über dem Atitlán-See zu verfolgen und die Kolibris zu beobachten, die hier jeden Morgen eine echte Luftakrobatik hinlegen.
Nach unserem herzhaften Frühstück mit Huevos Revueltos und Tortillas aus blauem Mais (ja, blauer Mais) holte uns der
Pick-Up der CCDA ab und es ging ab in die Berge.
Wir trafen als erstes Doña Gerlinda, die sich in Ihrem Ort mit anderen Frauen zusammen getan hatte, um eigene Felder zu bewirtschaften.
Die Benachteiligung von Frauen scheint hier in der Gegend ein weit verbreitetes Phänomen zu sein, um das sich die CCDA in den letzten Jahren verstärkt kümmert.
Die Agronomen der CCDA hatten Doña Gerlinda auch gezeigt, wie sie eigene biodynamische Spritzmittel gegen den Kaffeerost (La Roya) herstellen kann, obwohl das hier in den höheren Lagen auf ca. 1500m keine so gravierende Rolle zu spielen scheint.
Uns ist aufgefallen, dass hier weniger Schattenbäume in den Feldern stehen, als wir das gewohnt sind. Der Grund hierfür
ist eigentlich ganz einfach: Weniger Schatten bedeutet weniger Feuchtigkeit, was den Ausbruch und die Verbreitung der Roya deutlich hemmt.
Anschließend holten wir Don Lorenzo, dessen biologisch bewirtschaftete Felder wir als nächstes besuchten, an der
Landstraße ab, fuhren immer höher in die Berge und nach einem halbstündigen Fußmarsch erreichten wir seine Felder.
Wir machten es uns unter einem kleinen Dach gemütlich und er erzählte uns, wie wichtig für ihn und seine Familie
politischer und sozialer Zusammenhalt sind. Um das zu verstehen wage ich einen kleinen Exkurs in eine typische Geschichte für Guatemala:
Lorenzos Vater war Taglöhner auf einer großen Kaffeefinca in der Gegend. Im Zuge einer Agrarreform in den 50er Jahren
verkaufte der Eigentümer zu Marktpreis ein Teil der Fläche an den Staat und dieser weiter auf Kredit an Kleinbauern. Als der ehemalige Eigentümer sah, wie gut das abgetretene Land von die
Kleinbauern genutzt wurde, wechselte er dieses nachträglich gegen viel schlechteres Land.
Aber auch dort gelang es Lorenzos Familie, eine wunderbare Kaffeefarm mit dem Namen "Las Amalias" hochzuziehen und die
Agrarschuld zu begleichen.
Seine Felder sind in einem sehr guten Zustand, was man von der konventionell betriebenen Nachbarfarm nicht behaupten
kann, alles voller alter Kaffeebaum-Skelette.
Lorenzos Bäume dagegen trugen
schon reichlich kleine grüne mini Kaffeekirschen und standen voll im Saft. Auffallend positiv war auch, dass er die Pflanzungen regelmäßig erneuert und so trugen Kaffeepflanzen schon erste
Kirschen, die erst ein Jahr alt sind. Sehr ungewöhnlich... So wie es aussieht, wird seine Tochter bald ein Feldstück übernehmen und nicht, wie viele andere junge Leute in der Gegend, in eine
Stadt flüchten, um dort ihr Glück zu versuchen.
Nach einem Mittagessen in der Zentrale der CCDA fuhren wir durch Kaffee-Monokulturen in das Benificio der CCDA, wo uns
Jorge Carlos, der regionale Techniker von ANACAFE zu einem Cupping erwartete.
Alle Proben aus der Bodega (Lager) waren in Ordnung. Die selben Proben habe ich auch als Rohkaffee bekommen und werde diese nach Hamburg mitnehmen, wenn mich der mexikanische Zoll nicht daran hindert. Ich erzählte Jorge viel über die Arbeit von Quijote, worauf er entgegnete, dass dies die Zukunft von Kaffee sei.
Da zwei Busse mit Agronomiestudenten der Universität San Pedro ankamen, die hier ein paar Tage lang fortgebildet werden, verabschiedeten wir uns und versprachen in Kontakt zu bleiben.
Wir melden uns für ein paar Tage ab, denn bei der APPAECE gibt es wahrscheinlich kein Internet...